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ZEIT: Dossier über Wirtschaftswachstum
20.05.2009
Geht es auch ohne Wachstum? Muss unsere Wirtschaft unbedingt wachsen? Fragen, die die ZEIT auf der Titelseite der aktuellen Ausgabe stellt und in einem Dossier und Interview
mit dem kritischen Volkswirt Niko Paech beantwortet. Dabei wird unter
anderem eine konstruktive Umlaufsicherung vorgeschlagen, für die sich
die INWO stark macht.
Mit dem Dossier will Wolfgang Uchatius auf
drei Seiten erläutern, "wie eine Gesellschaft funktionieren könnte, die
nicht allein auf steigende Profite angewiesen ist". Unter der
Überschrift "Wir könnten auch anders" beschreibt der ZEIT-Autor
zunächst, warum wir Wirtschaftswachstum brauchen.
"Ein Mensch benötigt zum Leben etwa 2500 Kilokalorien, ein paar Liter
Wasser und etwas Sauerstoff. Er benötigt das jeden Tag, in jedem Jahr.
Er braucht nicht morgen mehr als heute und übermorgen noch mehr. Warum
muss das anders sein, wenn es um Unternehmen und Konzerne geht? Warum
muss Opel immer mehr Autos verkaufen? Warum brauchen wir immer mehr
Besitz, mehr Gewinn?"
Uchatius geht zunächst davon aus, dass der Mensch es ist, der
materielles Wachstum braucht, um glücklicher zu werden. Dazu stellt er
fest, dass die Glücksforschung ergeben hat, dass Wachstum tatsächlich
glücklich macht, "aber nur, wenn man sehr wenig besitzt, wenn es um die
ersten großen Sprünge geht". Trotz steigender Wirtschaftsleistung in
den vergangenen dreissig Jahren ist dementsprechend die
Lebenszufriedenheit unverändert geblieben in Deutschland, "in
Frankreich, in Grossbritannien, in Italien, genau wie in fast allen
grossen Industrieländern, mit Ausnahme der USA. Dort sind die Menschen
heute sogar weniger glücklich als früher."
Nach einigen Ausführungen zum Wachstumszwang für Unternehmen und neue
Arbeitsplätze bzw. deren Erhalt kommt Uchatius zum dem Schluss: "Bei
der Frage, ob man ohne Wachstum auskommen kann, geht es also nicht um
Gier, Besitzstreben oder Bequemlichkeit. Es geht darum, dass das System
ohne Wachstum nicht funktioniert."
Eine Blaupause für ein neues oder reformiertes System scheint der
ZEIT-Autor bei seiner Recherche nicht gefunden zu haben, aber immerhin
ein paar Einzelteile: ein Grundeinkommen (INWO-Vorschlag zur nachhaltigen Finanzierung), ein Geld (wie das erwähnte Regiogeld "Chiemgauer" oder das Vollgeld von Huber) mit eingebauter Umlaufsicherung und die Überlegungen des bedeutenden "nichtmarxistischen Wachstumskritiker[s]" Prof. Hans-Christoph Binswanger (siehe auch in "Der Geist des Geldes").
Im abschliessenden Interview kommt Niko Paech zu Wort, Privatdozent an
der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Paech warnt vor einem
Kollaps des "auf Fremdversorgung basierende[n] Wohlstandsmodell[s]"
durch weiteres Wirtschaftswachstum und eine entsprechende
Ressourcennachfrage. Der Volkswirt spricht sich dabei für eine
Post-Wachstums-Ökonomie aus (siehe auch gleichnamige Vorlesungsreihe von Paech und INWO-Referent Werner Onken).